Gutes Geld für gute Noten? Das „heiße Eisen“ Zeugnisgeld

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Nicht mehr lange, dann neigt sich das Schulhalbjahr dem Ende zu und Schülerinnen und Schüler bekommen ihre erreichten Noten schwarz auf weiß ausgehändigt.

Bei vielen Familien hat es Tradition, andere lehnen es kategorisch ab:
Das Zeugnisgeld – etwas, das gute Schüler sicher sehr willkommen heißen, bei ohnehin weniger guten Noten aber schnell zu zusätzlichem Verdruss führen kann.

Ist Zeugnisgeld generell eine gute Sache oder sollte man als Eltern besser drauf verzichten bzw. nach Alternativen suchen?
Die eine richtige Antwort auf diese Frage gibt es mit Sicherheit nicht!
Es gibt aber einige Aspekte, die für und gegen das Zeugnisgeld sprechen und die hier aus subjektiver Elternsicht einmal beleuchtet werden sollen:

Eine bestimmte Summe für jede Note?

Wie viel ist ein gutes Zeugnis wert?
Ein bestimmter Betrag für eine „1″, die Hälfte davon für ein „Gut“ usw. ? Mit zunehmendem Alter ein wenig steigend?

Diese Regelung ist einfach, das Kind kann sich drauf einstellen und besonders bei Einzelkindern ist diese Bemessung des Zeugnisgeldes gut zu handhaben.
Aber viele Kinder haben Geschwister, die ebenfalls bereits in die Schule gehen …:

Zeugnisgeld unter Geschwistern?

Leben mehrere Schulkinder in einer Familie, macht es die Sache schon komplizierter:

Der eine ist einige Klassen weiter, muss sich dadurch für gute Noten mehr anstrengen. Und hat sich deswegen dann auch automatisch mehr für jedes „Gut“ und „Sehr gut“ verdient?
Die Anzahl der Fächer ist in den Klassenstufen unterschiedlich?
Ein Klassenlehrer benotet vermeintlich strenger als der andere?

Nach welchen Gesichtspunkten man auch bewertet – ein Kind wird sich eventuell nach der Zahlung des Zeugnisgeldes benachteiligt fühlen:

Bekommen beide gleich viel, fühlt sich das Kind mit dem besseren Zeugnis womöglich nicht ausreichend anerkannt.
Bekommt ein Kind weniger, ist es wahrscheinlich enttäuscht, denn vielleicht hat es einfach ein wenig Pech gehabt oder seine Leistungen reichten trotz intensiverer Bemühung, trotz vielen Lernens (wieder einmal) nicht an die seines Bruders oder seiner Schwester heran?

Trotz großer Anstrengung kein großer Erfolg?

Das letzte Zeugnis war nicht gerade herausragend. Beim nächsten Mal sollte alles besser werden und das Kind hat sich dafür in der Schule mächtig ins Zeug gelegt. Dennoch hat sich der gewünschte Erfolg nicht oder nur teilweise eingestellt?

In solchen Fällen ist die Belohnung „Summe pro Note“ natürlich zusätzlich frustrierend!
Und Geld als Anerkennung für den guten Willen vielleicht gern genommen, als Trostpflaster aber bestimmt nicht wirklich tröstlich. Denn:

Geld ist nicht alles

Bei allen Aspekten über das „Ob?“ und „Wie viel?“ des Zeugnisgeldes: Geld kann prinzipiell nur eine zusätzliche Belohnung oder Motivation darstellen und nur wenig tröstlich wirken.

Ein Kind, das sich ärgert, dass auf dem Zeugnis statt der erhofften knappen „2″ doch „nur“ eine „3″ steht, das wird Geld nur bedingt über diese Enttäuschung hinweg trösten können.
Und ein Kind, das mit Latein oder Mathe nur wenig anfangen kann, wird durch Geld nur selten langfristig so motiviert sein, dass es sich um eine ganze Note bessern kann. Abgesehen davon: nicht „Lernen für Belohnung“ kann das Ziel sein, sondern die Zufriedenheit mit den eigenen Leistungen, die auch Motivation genug sein sollte.

Geld „nur“ zu besitzen macht Kinder in der Regel in jungen Jahren auch nicht froh.
Von daher sollte man statt über Bargeld vielleicht über Alternativen nachdenken, von denen das Kind kurzfristig betrachtet mehr hat als von ein paar Euro, die in die Spardose oder auf das Sparbuch wandern.
Auch mit Hinblick darauf, dass sich individuelle Belohnungen schlechter messen und vergleichen lassen als ein bestimmter Geldbetrag.

Schließlich gibt es nicht nur daheim Zeugnisgeld, sondern auch bei anderen:

Außerhalb der eigenen Familie?

Ein dickes, ehrliches Lob der Familie für ein gutes Zeugnis ist mehr Welt als jedes Geld.

Aber ob ein Kind das auch so sieht, dessen Freund/in trotz gleich guter oder gar weniger guter Noten für sein Zeugnis mit (mehr) Geld belohnt wird?
Wenn ein Kind einige Tage nach dem Zeugsnistag dies zur Sprache bringt, dass es sich seinen Freund(inn)en gegenüber benachteiligt fühlt, sollte sich auf Elternseite keine Verunsicherung breit machen: wenn Zeugnisgeld bislang kein Thema war, sollte es auch so bleiben. Wurde ein bestimmter Betrag ausgemacht, diesen nicht nachträglich aufstocken.

Dass andere Kinder mal mehr, mal weniger haben oder bekommen, ist einfach so und wird sich nie ändern lassen.

Fazit?

Zeugnisgeld ist in vielen Fällen mit Vorsicht zu genießen, da sich die hinter den Noten stehende Leistung des Kindes nicht an Geldbeträgen messen lässt, gerechte Vergleiche zwischen Geschwistern praktisch kaum möglich sind und bei Geschwistern häufig Verdruss vorprogrammiert ist (wobei es natürlich – auch das sei erwähnt – auch genug Familien geben dürfte, in denen es diesbezüglich gar keine Schwierigkeiten unter Geschwistern gibt und in denen Zeugnisgeld kein brisantes Thema darstellt!).

Sicher: Wer später im Leben am meisten leistet, sollte sich dafür auch am meisten verdient haben.
Warum nicht schon in der Schulzeit damit beginnen?
Vielleicht, weil die Schule eben die Vorbereitung auf eben dieses spätere Leben darstellt und das Kind in der Schule noch von diesem Leistungsdruck verschont bleiben sollte?

Ein sicherlich guter Kompromiss daher:

Alternativen schaffen?

Wichtiger als alles Geld ist die wahre Anerkennung für seine Leistungen, die ein Kind zu spüren bekommt.

Ein Zeugnis bedeutet viel, es ist im wahrsten Sinne Zeugnis für die erbrachte Leistung vieler Wochen und Monate!
Das In-die-Hand-drücken eines Geldscheines allein ist dafür nicht genug.

Kinder wünschen sich Interesse, freuen sich über Nachfragen, über wahres Interesse, warum es sich aus seiner Sicht in einem Fach verbessern konnte, die Noten in einem anderen Fach vielleicht schlechter sind als im letzten Jahr.

Ob als Belohnung oder Trost: das Kind freut sich sicher, wenn die Eltern sich zu diesem – für Kindern – ganz besonderen Anlass „Zeugnisausgabe“ etwas einfallen lassen und sich Zeit für die Familie nehmen.
Wie wäre es mit einem gemeinsamen Essen außer Haus, einem Ausflug in den Zoo, in die Skihalle oder in die Stadt, um dort gemeinsam in der Buchhandlung, im Spielwarenladen oder in einem anderen Lieblingsgeschäft nach einer Kleinigkeit zu schauen?

Einen weiteren Artikel zum Thema „Zeugnisse“ gibt es hier im Blog: „Freud und Leid dicht beieinander: Zeugnisglück und Zeugniskummer“

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4 Kommentare

  1. Wir haben es bisher immer so gehalten, dass es zu den Zeugnissen immer ein kleines Geschenk als Anerkennung gibt.
    Von einer Bekannten kenne ich es so, dass beim Kind immer die Relation zum vorhergehenden Zeugnis betrachtet wird – ist eine Note im Vergleich zum letzten Halbjahr schlechter geworden, gibt es nichts, ist sie gleich geblieben, gibt es Betrag X, ist sie besser geworden, gibt es Betrag Y.
    Ich denke, das muss man ein Stück weit vom jeweiligen Kind abhängig machen, es gibt Kinder, die auf einen äußeren Anreiz gerade bei ungeliebten Fächern ganz gut reagieren. Dann kann die Methode der Bekannte durchaus sinnvoll sein.
    lg Sabine

  2. Wir haben unserem Sohn, weil der nun auf die weiterführende Schule geht, als Ansporn für die ersten Jahre in Aussicht gestellt, Geld für gute Zeugnisnoten zu bekommen. Früher gab es auch kleine Geschenke, aber mit dem Älterwerden steigen die Ansprüche und er möchte sich seine eigenen Wünsche erfüllen. So können wir dem entgegenkommen und haben auch etwas davon. Gerade in Deutsch mußte er sich extrem anstrengen, um gute Aufsätze und Geschichten zu schreiben. Daher auch mein Tipp zu weiteren Motivationen aus dem Netz. Es finden sich gute Seiten, die die Kinder gerne nutzen und mit denen sie vielleicht sogar auf den Geschmack kommen.

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