Märchen vorlesen! Aber wie?

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Es gibt viele gute Gründe, die auch heute noch – im Zeitalter von Spielekonsole, Internet und einer riesigen Fülle von Kinderzeitschriften und -büchern – für Märchen wie die „Klassiker“ der Brüder Grimm sprechen.

An der Frage „Märchen für Kinder – oder nicht?“ scheiden sich häufig die Geister.
Die abc-mama findet „Ein klares Ja für Märchen!“ und hat vorgestern an dieser Stelle sieben gute Gründe für das Vorlesen von Märchen, ganz subjektiv, im Artikel „Märchen – oder lieber nicht?“ angeführt.

Zugegeben: Im Gegensatz zu anderen Geschichten sind Märchen oft keine „leichte Kost“, die Lebensumstände der Märchenfiguren (zu Anfang) oft hart und das, was den „Bösen“ am Ende zustößt, oft so gar nicht das, was man seinen Kindern beim Vorlesen zumuten mag.

Wie Märchen Groß und Klein Spaß machen, hier einige Ideen – wiederum ganz subjektiv aus Erfahrung und Elternsicht:

Das passende Märchen auswählen

Es gibt fröhlichere und eher düstere Märchen, es gibt eher ruhige, freundliche Märchen und welche, in denen dem Bösen in der Geschichte ein sehr unerfreuliches Ende widerfährt.

Und genauso gibt es Kinder, die Märchen als so gruselig empfinden, dass sie anschließend schlecht einschlafen können, weil sie immer an die böse Hexe denken müssen.
Ebenso wie Kinder, denen das Erzählte nichts ausmacht, weil sie die Gewissheit und Freude darüber mitnehmen, dass von dem Bösewicht keine Gefahr mehr ausgeht und das Gute einmal mehr – mit Recht – gesiegt hat.

Welches Märchen an welchem Tag gelesen wird, sollte immer mit ein wenig Fingerspitzengefühl und nach Tageslaune entschieden werden.
Vielleicht hat das Kind selber einen Favoriten, den es (zum x-ten Mal) hören möchte?
Oder es bekommt die Wahl: zum Beispiel zwischen zwei bereits bekannten und einem noch unbekannten Märchen, um beim Vorlesen Abwechselung zu schaffen.

Um Kindern ein passendes „Angebot“ machen zu können, ist es natürlich auch für die Eltern Voraussetzung, die Märchen bereits zu kennen!
Wenn die letzte „Märchenstunde“ schon etwas länger her ist, daher am besten einmal das Märchenbuch im Vorfeld heraus holen und den eigenen Märchenschatz ein wenig auffrischen!
Mit dem Gedanken an den Charakter des eigenen Kindes empfindet man Details, Stimmungen oder ganze Geschichten vielleicht plötzlich anders, als man sie in Erinnerung hatte.

Mit Freude vorlesen

Das Angebot an Märchen – bekannten Klassikern wie weniger bekannten Märchensammlungen – ist so groß, dass man getrost auch einige Märchen außen vor lassen kann, die man selber nicht mag! Auch, wenn sie zum Alter des Kindes passen würden.

Denn es ist schwierig, eine Geschichte mit der nötigen Freude und Begeisterung vorzulesen, die einem selber nicht gefällt – und das merken Kinder in der Regel schnell.

Die Zeit des Vorlesens ist schließlich gemeinsam verbrachte und daher sehr kostbare Zeit im Familienalltag – und die sollte von allen Beteiligten als schön und sinnvoll genutzt empfunden und nicht an Geschichten verschwendet werden, die man im Grunde seines Herzens noch nie leiden konnte!

Genügend Zeit einplanen

Märchen haben den großen Vorteil, dass sie in der Regel recht kurz im Gegensatz zu anderen Kinderbüchern sind.

So kann man vom vielleicht gewohnten Schema „Der eine liest vor, der andere hört zu und dann ist Schlafenszeit“ einmal abweichen und vor- und nachher, vielleicht auch zwischendurch, ein wenig Zeit einplanen, um über die Geschichte zu sprechen:
Worum ging es? Was war toll, was vielleicht nicht so schön an diesem Märchen? Wie hätte das Ganze auch ausgehen können?

Damit dies möglich ist, sollte eine Situation geschaffen werden, die den Dialog fördert, zum Beispiel dadurch, dass sich Kind und Vorleser auf gleicher Augenhöhe befinden und sich zum Miteinandersprechen anschauen können.

Genau beobachten

Es gibt eine Stelle im Märchen, bei dem es dem Kind immer ein wenig unwohl wird, weil die Handlung zu spannend ist, die Atmosphäre zu unheimlich? Bei einem neuen Märchen könnte das Gehörte dem Kind eventuell Unbehagen bereiten?

Wichtig ist stets, wie immer beim Vorlesen – die Reaktion des Kindes zu verfolgen, gegebenenfalls kurz innezuhalten, nachzufragen, über Gefühle zu sprechen und das Kind nicht mit dem Gehörten allein zu lassen.

Nicht zu theatralisch werden

Wenn der Frosch an die Wand geklatscht wird oder Rumpelstilzchen sich selbst entzwei reißt, empfinden Kinder dies oft gar nicht so, wie man bei dem Geschilderten vermuten könnte.

Die Freude, dass das Gute gesiegt hat, überwiegt und durch die sehr knappen Schilderungen dessen, was mit den Bösen passiert, entstehen keine dramatischen Szenen vor dem inneren Kinderauge, wie es vielleicht beim Anschauen einer entsprechenden Szene im Fernsehen der Fall sein könnten.

Kinder „filtern“ sich selber aus den Märchen heraus, was sie als „gut“, „böse“ und „bedrohlich“ empfinden und als Eltern sollte man ihnen die Möglichkeit lassen, dies unvoreingenommen zu tun.
Am besten dadurch, dass man vorliest, was im Märchen geschrieben steht, und nicht dadurch, dass man mit dramatischen Pausen, starken Gesten und unheilvollem Flüstern eine Angst fördernde Stimmung an Stellen erzeugt, die Kinder vielleicht sonst gar nicht so empfunden hätten.

Dies sind – wie eingangs erwähnt, einige Vorschläge rund ums Thema „Märchen“, die „nur“ auf langjähriger Erfahrung mit eigenen Kindern beruhen
Sind Märchen noch zeitgerecht? Welche Kindheitserinnerungen wecken sie vielleicht bei Eltern und Großeltern und kommen Märchen heute bei Kindern noch gut an?

Wir freuen uns über andere Erfahrungen und Kommentare rund ums Thema „Märchen“!

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4 Kommentare

  1. Eine Kindheit ohne Märchen wäre meiner Meinung nach wesentlich ärmer. Märchen liefern so etwas wie einen unmittelbaren Einblick in das kollektive Unterbewusstsein der Menschheit. Gerade dann, wenn sie in ihrer ursprünglichen Fassung daherkommen, also nicht „weichgespült“ wurden, können sie durch ihre starken Bilder Kindern das Leben nahebringen.

  2. Märchen sind und bleiben ein Teil unserer literarischen Kultur, die Menschen jeden Alters begeistern. Kinder sind uns Erwachsenen beim Verständnis vielleicht sogar voraus, da sie Geschichten viel intuitiver aufnehmen und nicht auf Realistik etc. überprüfen.

  3. Märchenerzählen ist für mich auch eine wertvolle Methode der Sprachförderung, denn sie bieten die ideale Motivation zum verstehenden Zuhören. Ich empfehle „EasyGrimm“ als Märchen-Vorlesebuch (mehr Informationen auf „easygrimm.at“).

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