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Geschlechtsneutrale Erziehung – Übertriebener Genderwahn oder selbstbestimmte Freiheit?

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Kindererziehung liegt ​Babysits​ am Herzen und gerne erkunden wir neue Trends und informieren unsere Babysitter und Eltern über Wissenswertes rund um das Thema Erziehung und Kinder, heute in diesem Gastbeitrag über geschlechtsneutrale Erziehung. Hast du davon schon gehört?

Geschlechtsneutrale Erziehung meint eine Erziehung, die unabhängig von dem Geschlecht des Kindes ist. Eine Erziehung jenseits von Pink und Blau, Rittern und Prinzessinnen, die besonders in skandinavischen Ländern immer mehr zum Trend wird. Doch was steckt dahinter und was sind die Absichten?

Selbstbestimmung des Kindes

Befürworter sprechen von der Selbstbestimmung der Kinder, also die eigene Entscheidung darüber, was und wie sie sein wollen. Sie sollen sich unabhängig von gesellschaftlichen Erwartungen, Rollenbildern und Stereotypen entwickeln können, je nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Sie sollen selbst bestimmen, mit was sie spielen und was sie tragen wollen. Es geht nicht darum, Mädchen zu Jungen zu erziehen und Jungen zu Mädchen, sondern ihnen alle Freiheiten zu lassen. Es ist okay, wenn ein Junge sich “jungenhaft” verhält, gerne blau trägt, mit Autos spielt und rauft. Es soll aber ebenso auch okay sein, wenn er in seiner Kinderküche Kuchen backt, im Dunkeln Angst hat oder seinen Puppenwagen schiebt. Die Entscheidung soll aber beim Kind liegen. Und kann sich auch von Tag zu Tag ändern.

Geschlechtsneutrale Vorschulen

In der ersten geschlechtsneutralen Vorschule Egalia, die 2010 in Stockholm eröffnet wurde, geht es um viel mehr als “nur” jedes Verhalten unabhängig vom Geschlecht zu akzeptieren. Es wurde das geschlechtsneutrale Pronomen “hen” eingeführt, das eine Kombination aus “han” (er) und “hon” (sie) darstellt, die Worte “Mädchen” und “Jungen” werden nicht benutzt, hier sind alle “Freunde”. In anderen Schulen gibt es Kurse für Mädchen, in denen gebrüllt, getobt und Ritter gespielt wird und Jungen, die sich umarmen, gemeinsam Mosaike basteln und sich massieren. Ist das übertrieben? Es lässt sich wohl darüber diskutieren, ob eine eigene Sprache notwendig und hilfreich ist und ob es sinnvoll ist, die “typischen” Eigenschaften des anderen Geschlechts extra zu fördern oder ob das wieder dagegen spricht, dem Kind selbst die Freiheit zu geben zu entscheiden. Hier muss jeder seine eigene Philosophie für sich finden.

Angeboren oder anerzogen?

Kritiker sprechen auch von biologischen Unterschieden, die es nun mal zwischen den Geschlechtern gibt. Die ewige Diskussion von ​Nature vs. Nurture​, also ob diese Tendenzen angeboren oder anerzogen sind, kommt erneut auf und wird vielleicht für immer ungeklärt bleiben. Fakt ist, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern größer sind als innerhalb des Geschlechts, z.B. stellte man in einer Studie, die 2001 von Simon Baron- Cohen publiziert wurde, fest, dass neugeborene Jungen ein Mobile länger fokussieren, Mädchen hingegen ein menschliches Gesicht, wenn diese beiden in Konkurrenz stehen. Pädagogen und Psychologen sind sich aber auch einig, dass ein großer Teil anerzogen ist und von der Umwelt geformt wird.

 

Geschlechtsneutral = Geschlechtsblind?

Es stehen auch die Vorwürfe im Raum, in der geschlechtsneutralen Erziehung “geschlechtsblind” zu sein und Unterschiede einfach zu ignorieren. Optimalerweise sollte das Geschlecht nicht einfach tot geschwiegen werden, denn für Kinder ist es gerade für die spätere Entwicklung in der Pubertät wichtig, eine Geschlechtsidentität zu entwickeln und sich ihrem Geschlecht bewusst zu werden. Jungs sollen wissen, dass sie Jungs sind und stolz darauf sein können, aber auch, dass es Mädchen gibt und umgekehrt. Aber es geht eben auch darum, ihnen zu zeigen, dass ihr Geschlecht ihnen keine Einschränkung gibt und sie keinen Stereotypen entsprechen müssen. Und das dies seine Wirkung hat, hat eine Studie der schwedischen Uppsala Universität gezeigt. Denn diese verglich Kinder aus geschlechtsneutralen Vorschulen mit diesen aus konventionellen und fand heraus, dass erstere signifikant weniger stereotypisches Denken zeigten und zudem eher mit Kindern des anderen Geschlechts spielten.

Bewusstsein über eigene Werte

Für jeden Vater und jede Mutter gilt, dass sie sich bewusst darüber sein sollten, welche Stereotypen man selbst verkörpert, inwiefern man das vielleicht auch unbewusst auf die Kinder überträgt und ob man das möchte oder nicht. Es geht auch darum zu realisieren, dass man selbst ein Vorbild ist und Kinder durch Nachahmen und Vorbilder vieles lernen. Und das sind viele kleine Dinge des Alltags, schnell gesagte, aber vielleicht anders gemeinte Dinge und unbewusste Gesten. Es zeigte sich z.B. in Aufnahmen, die die Leiterin der Egalia Vorschule vor der Einführung der geschlechtsneutralen Ideologie gemacht hat, dass Jungen mit weniger Worten und Zeit getröstet werden und bei Mädchen schneller eingegriffen wird, wenn sie laut waren und rauften.

In der Erziehung von Kindern ist es immer wichtig, sich den eigenen Werten und dem eigenen Verhalten bewusst zu sein und sich Gedanken zu machen, welche Werte man an die Kinder weitergeben möchte, aber auch welche möglicherweise unbewusst vermittelt werden. Bei sich selbst anzufangen ist also der Schlüssel für eine Erziehung, die bewusst den eigenen Vorstellungen entspricht und die den Kindern die Dinge mit auf den Weg gibt, die man selbst für wichtig hält. Denn das ist doch das persönliche Ziel aller Mütter und Väter in der Erziehung ihrer Kinder.

Von Femke Wollesen, in Kooperation mit Babysits, der Online Plattform, die ​Babysitter​, Tagesmütter und Eltern verbindet und es so Eltern erleichtert, die passende Kinderbetreuung zu finden.

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