Sätze, wie Eltern sie kennen und lieben: „Die Anderen dürfen immer…“

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Mal ehrlich, wer hat in seiner Kindheit und Jugend nicht wenigstens hin und wieder gerne mit „den Anderen“ argumentiert, die (angeblich…) alles von ihren Eltern erlaubt bekamen, deren Mamas und Papas „natürlich“ viel toleranter waren als die eigenen, was beispielsweise die Regeln für erste Partys betraf, und die überhaupt alles durften, besaßen und erlebten, was einem selbst auch gut gefallen hätte?

Das Gute: Mutter und Vater konnten nicht so genau nachprüfen, ob diese in der Regel vagen Aussagen über diese ominösen (unbekannten) Anderen der Wirklichkeit entsprachen.
Das weniger Gute: Meistens zogen Argumente, die mit „Die Anderen…“ begannen, nicht wirklich – und ließen Eltern in der Regel in ihrer Entscheidungsfindung unbeeindruckt.

Einen Versuch war es dennoch wert und ist es auch heute noch.
Für Kinder und Jugendlich ist es nach wie vor eine (letzte) Trumpfkarte, die Erfolg verspricht, wenn das klare elterliche „Nein“ eigentlich schon besiegelt scheint, mal damit zu argumentieren, dass Freunde ihrerseits durchaus ein „Ja“ von ihren Eltern bekommen haben, wenn es um dieselbe Fragestellung bezüglich Unternehmungen oder Anschaffungen ging.

Und ganz ehrlich: Ein wenig kommt man da als Vater oder Mutter doch ins Grübeln, selbst wenn man es sich nicht anmerken lässt:
Sind wir wirklich so streng?
Sehen wir dieses und jenes vielleicht tatsächlich zu eng?
Wäre generell etwas mehr Großzügigkeit und Toleranz angesagt?
Und wie steht unser Kind da, wenn wir (wenn dem denn wirklich so sein sollte…) die einzigen sind, die dies und das tatsächlich nicht erlauben?

Generelle Ratschläge sind wie so oft an dieser Stelle schwierig. Es folgen einmal mehr Tipps und Denkanstöße aus (subjektiver) Elternsicht und Elternerfahrung:

Nehmen Sie Anfragen ernst!
Vorneweg: Letzten Endes liegt es natürlich immer in Ihrer Verantwortung, Entscheidungen darüber zu treffen, was dem Nachwuchs erlaubt ist und was nicht.
Das weiß Ihr Kind und es muss damit leben.
Manchmal wird es Regeln nur schwer akzeptieren, oft jedoch – wenn auch zähneknirschend – deren Notwendigkeit einsehen, wenn eine gute Begründung folgt.

Auch wenn der Nachwuchs öfter mal mit Ideen und Plänen anrückt, von denen von Vornherein zu erwarten ist, dass elterlicherseits kein grünes Licht für das Vorhaben folgen wird, hören Sie sich alles an, lassen Sie Ihr Kind ausreden und argumentieren.
Schon nach einem halben Satz (der vielleicht mit „Die Anderen…“ beginnt?!) schon mit „Nein“ – was definitiv Aus und Ende bedeutet – das vorgetragene Anliegen abzuwürgen, ist erstens kein guter Stil und zeigt zweitens dem Kind unmissverständlich, dass es als Gesprächspartner nicht für voll genommen wird. Und so sollte und will schließlich niemand behandelt werden.

Stehen Sie zu Ihren Regeln…
Vor Kurzem gab es hier einen längeren Beitrag zum Thema „Elterliche Konsequenz“, der an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden soll, weil er so gut hierher passt.
Denn wer nicht zu selbst aufgestellten Regeln steht, wer erst verbietet, dann doch wieder erlaubt (oder umgekehrt), ist kein gutes Vorbild, verliert an Glaubwürdigkeit und erweckt den Eindruck, dass vielleicht nur ausreichend langes Quengeln und Zetern vonnöten ist, um schließlich doch ans gewünschte Ziel zu kommen.

… und halten Sie Konsequenzen aus
Jugendliche sind impulsiv und erleben während der Pubertät ein stetes Auf und Ab der Gefühle. Auf der einen Seite ist da der Wunsch nach Harmonie und einem friedlichen Zuhause als Ruhepol bei all den Herausforderungen und Anforderungen, die „draußen“ in der Schule, im Freundeskreis, im Alltag und bei Hobbys täglich auf einen einprasseln.
Auf der anderen Seite das Bedürfnis, sich als starke Persönlichkeit behaupten zu wollen.

Elterliche Verbote, die dann einen Strich durch die Rechnung machen, werden gerne mit knallenden Türen, unfreundlichen Bemerkungen, Tränen oder lautstarkem Protest quittiert.
Üben Sie sich bei solch gelegentlicher geladener bis aggressiver Stimmung in möglichst großer Gelassenheit! Emotionen, die schnell hochkochen, lösen sich meist auch schnell wieder in Wohlgefallen auf.
Harsche Reaktionen hingegen heizen der schlechten Laune hingegen nur noch weiter ein und verderben allen in der Familie die gute Laune.

Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen machen!
Wenn Tränen fließen, erinnert der schon so große Teenager plötzlich wieder an alte Zeiten, in denen es mit tröstenden Worten und Gesten blutige Knie zu verarzten galt.
Hilflose Wut und Enttäuschung bahnen sich verständlicherweise ihren Weg, wenn „alle Anderen“ Tolles erleben dürfen, was einem selbst verwehrt bleibt.

Naturgemäß nimmt man sich das als Eltern zu Herzen, möchte man das eigene Kind schließlich nicht leiden sehen. Erinnern Sie sich (und den Nachwuchs) dann daran, dass es bei der Entscheidung nicht darum ging, jemanden aus Bosheit zu ärgern oder schlichtweg elterliche Überlegenheit zu demonstrieren!
Für eine wohlüberlegte, wohl begründete Entscheidung muss man sich als Eltern nicht permanent rechtfertigen oder wegen der unterstellten Gemeinheit grämen!

„Anders“ ist nicht immer „besser“!
Vergleicht der Nachwuchs sein Leben mit dem von einem anderen Kind oder Jugendlichen, betrachtet es selbstredend dabei immer nur einen kleinen Ausschnitt dessen:
Die anderen Eltern erlauben, was einem selbst verboten ist!
Das scheint unfair, aber was steckt dahinter?

Wenn andere Eltern toleranter sind, mehr schenken, mehr erlauben, sind sie vielleicht unbekümmerter, großzügiger oder unbedarfter? Vielleicht trauen sie dem Kind viel Selbstständigkeit für sein Alter zu, möchten ihm eine Freude machen?
Vielleicht ist die sehr „lange Leine“ aber auch ein Anzeichen dafür, dass es mit der Verantwortung mal nicht so genau genommen wird (Linktipp: „Jugendschutzgesetz: Was Eltern wissen müssen“).
Vielleicht dienen sehr großzügige Geschenke als Trostpflaster für temporär oder generell schwierige Lebensumstände? Das muss natürlich nicht so sein, kann aber.

Nehmen Sie Ihrem Kind nicht übel, wenn es über diese Option gar nicht erst nachdenken möchte und nur sieht, was es eben sehen will. Zum Beispiel nicht, dass Sie ihm durch Verbote und Einschränkungen nicht den Spaß verderben wollen, sondern dass dies ein Zeichen dafür ist, wie sehr Ihnen Sohn oder Tochter am Herz liegt.
Dass es Ihnen deshalb wichtig ist, dass er/sie ausgeschlafen in die Schule kommt. Dass er/sie sich nicht abends „herumtreibt“ oder tagsüber zu Hause stundenlang vor Fernseher, PC oder Konsole sitzt.
Und dass Maßlosigkeit beim Schenken und die sofortige Erfüllung jedes Wunsches dazu führen können, dass die Dinge an Bedeutung verlieren.

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